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Multi-Device-Testing: Die drei Faktoren der Multi-Device-Experience

Maria Müller in User-Experience-Tipps
Lesezeit: 4 Minuten

Wir leben in einer digitalisierten Welt: 90% unserer Aktivitäten finden auf Bildschirmen statt. Dabei beschränken wir uns schon lange nicht mehr auf ein einziges Gerät. Ganz selbstverständlich wechseln wir vom Laptop zum Smartphone, von dort zum Tablet und wieder zurück. Einen Film am Smart-TV  beginnen und im Zug mit Laptop oder Tablet zu Ende schauen; eine Chat-Unterhaltung unterwegs auf dem Smartphone anfangen und zu Hause am Desktop-PC fortsetzen – ständig haben wir Multi-Device-Experiences, nutzen also den gleichen Dienst auf mehreren Geräten. Aber was macht eine GUTE Multi-Device-Experience aus? Welche Faktoren müssen Sie berücksichtigen, um Ihren Nutzern ein gutes Nutzungserlebnis zu bereiten?
Bei der Optimierung der Multi-Device-Experience müssen drei wichtige Faktoren berücksichtigt werden: Komposition, Kontinuität und Konsistenz. Im Folgenden stelle ich diese drei Faktoren vor und gebe Tipps, wie sie erfolgreich umgesetzt werden können. Beginnen wir also mit dem ersten Faktor – der Komposition.

1. Die Komposition – Welche Funktionen auf welchem Gerät?

Multi-Device-Experience Faktor Komposition
Komposition: Ihnen muss klar sein, was die Nutzer auf welchem Gerät machen, um zu entscheiden, welche Funktionen wo gebraucht werden.

Viele Anwendungen, wie beispielsweise Facebook, bieten ihren Nutzern nicht alle Funktionen auf allen Geräten an. Den vollen Funktionsumfang gibt es oft nur in der Desktopansicht. Gibt es auf einem Gerät Features, die es auf anderen nicht gibt, bezeichnet man das als die Komposition. Diese Funktionsverteilung kann ein Segen sein, wenn sie die App verschlankt und auf die sinnvollen Use-Cases reduziert; sobald der Nutzer aber Features vermisst, die er auf anderen Geräten kennt, schmälert das die User Experience. Um letzteres zu vermeiden, sollten Sie herausfinden, welche Funktionen die Nutzer auf allen Geräten brauchen und welche zu entbehren sind. Wie wird die Anwendung im Alltag genutzt, was fehlt den Nutzern, welche Features lassen sie mobil links liegen?
Ein extremes Beispiel der Feature-Komposition zeigt sich bei der Adobe-App Capture: Sie dient als Ergänzung zu diversen Adobe-Desktop-Anwendungen und nutzt die Smartphone-Kamera, um Farbschemas aus der Umgebung zu erfassen. Diese können dann mit einem Klick in die Desktop-Programme importiert werden. Die App ergänzt also die Desktop-Programm mit einem Feature, das sie selbst nicht haben – ideal auf den Nutzungskontext angepasst.

2. Die Kontinuität – Ein fließender Übergang von Device zu Device

Multi-Device-Experience Faktor Kontinuität
Kontinuität: Sie müssen wissen, wie Ihre Nutzer von Gerät zu Gerät wechseln, um ein ideale Synchronisierung zu gewährleisten.

Sie haben zu Hause auf der Couch eine Folge Ihrer Lieblingsserie angefangen, müssen zu einem Termin, aber wollen unbedingt wissen, wie es weitergeht? Kein Problem, schauen Sie einfach auf dem Handy weiter. Diese Synchronisierung zwischen den Geräten wird auch als Kontinuität bezeichnet und ist ein essentieller Bestandteil der Multi-Device-Experience. Viele Streaming-Dienste funktionieren auf diese Weise, zum Beispiel Netflix; aber auch Cloud-Speicherdienste, wie Dropbox, nutzen diese Methode. Einzige Voraussetzung dafür ist, dass der Nutzer auf allen Geräten mit demselben Account eingeloggt ist.
Die Synchronisierung muss allerdings für den Nutzer so flüssig wie möglich ablaufen. Finden Sie heraus, wie Ihre Nutzer von Gerät zu Gerät wechseln, überlegen Sie welche Probleme auftreten könnten und wie Sie darauf reagieren. Beispiel: Dropbox sendet eine Warnung, sobald zwei Personen gleichzeitig dieselbe Datei öffnen und bearbeiten.

3. Die Konsistenz – Das gleiche „Look and Feel“ auf allen Devices

Multi-Device-Experience Faktor Konsistenz
Konsistenz: Ihre Nutzer müssen die Anwendung auf allen Geräten wiedererkennen und sich ohne vergrößerten Lernaufwand zurechtfinden können.

Wer bis vor kurzem die App Meetup verwendet hat, wird sie nicht unbedingt mit der dazugehörigen Website in Verbindung gebracht haben. In der App fehlte das Logo und es wurde ein anderer Rotton verwendet als in der Desktop-Version.  Dieses Vorgehen verstößt gegen das dritte Prinzip der Multi-Device-Experience: die Konsistenz. Hierbei geht es darum, dass der Dienst sofort wiedererkannt wird – egal auf welchem Gerät er geöffnet wird. Das trägt zum Branding bei und schmälert gleichzeitig den Lernaufwand für die Nutzer. Farbgebung, Buttonbeschriftungen, Gestaltung der Elemente… das alles sollte einheitlich gestaltet sein, damit sich die Nutzer auf allen Geräten sofort zurechtfinden. Wer beispielsweise die Facebook-App öffnet, erkennt sofort den typischen blauen Header von der Desktopversion wieder.
Auch Meetup hat in einem Redesign App und Desktopversion aneinander angeglichen: Das Logo wird nun in verkürzter Version auch in der App dargestellt, die Farbgebung ist einheitlich und außerdem verwendet die Navigation auf allen Geräten die gleichen Icons, die auch überall einheitlich benannt sind.

Mit User Research die geeignete Multi-Device-Strategie finden

Vor allem für die Prinzipien Komposition und Kontinuität sollten Sie durch User Research herausfinden, welche Geräte die Nutzer für welche Aktionen verwenden und wie sie zwischen den Geräten hin und her wechseln. In welcher Situation befinden sie sich? Sind sie konzentriert oder unkonzentriert? Sitzen sie gemütlich auf der Couch oder stehen sie gedrängt in einer vollen U-Bahn? Um diese Multi-Device-Experience eindeutig zu evaluieren, ist ein realistischer Nutzungskontext wichtig. Usability-Tests im Labor können daher eigentlich ausgeschlossen werden. Im Idealfall finden die Tests im Alltag der Nutzer statt, mit ihren eigenen Geräten und in ihrer natürlichen Umgebung.

Für die Evaluation der Multi-Device-Experience gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Häufig wird die Multi-Device-Experience anhand von reiner Datenanalyse untersucht, beispielsweise mit Google-Analytics und anderen Tools. So lässt sich herausfinden, was wann auf welchem Gerät passiert. Die Gründe und Probleme der Probanden bleiben dabei jedoch unergründet.
  • Mit einem einmaligen Remote-Usability-Test können bereits einige dieser Probleme aufgedeckt werden. Vor allem die Kontinuität und die Konsistenz lassen sich mit dieser Methodik überprüfen.
  • Um auch die Multi-Device-Experience der Funktionsverteilung, sprich die Komposition, zu testen, empfehlen wir Langzeit-Studien. Die Nutzer werden dazu aufgefordert eine Anwendung auf ihren verschiedenen Geräten über einen längeren Zeitraum zu nutzen und ihre Gedanken festzuhalten. Hier zu eignen sich Tagebuchstudien oder Langzeit-Crowd-Usability-Tests.
  • Tipp: Befindet sich die Anwendung noch in der Entwicklung, geben Wettbewerber-Tests Einblicke, wie Nutzer Konkurrenz-Dienste verwenden und was ihnen auf bestimmten Geräten fehlt.

Fazit: Eine gute Multi-Device-Experience setzt Kenntnisse der Nutzerbedürfnisse voraus

Um eine gute Multi-Device-Experience zu bieten müssen Sie Ihre Nutzer auf drei Ebenen kennen: Ihnen muss klar sein, was die Nutzer auf welchem Gerät machen, um zu entscheiden, welche Funktionen wo gebraucht werden (Komposition). Sie müssen wissen, wie Ihre Nutzer von Gerät zu Gerät wechseln, um eine ideale Synchronisierung zu gewährleisten (Kontinuität). Und Ihre Nutzer müssen die Anwendung auf allen Geräten wiedererkennen und sich ohne vergrößerten Lernaufwand zurechtfinden können (Konsistenz). Mit diesem Vorgehen garantieren Sie Ihren Nutzern eine positive User Experience mit Ihrem Produkt in allen verschiedenen Nutzungskontexten.

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